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Paläontologie
Hannover

Fundstellen

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Vöhrum, eine Tongrube im Alb



Lage und aktuelle Situation:

Schon seit über 100 Jahren gilt der Großraum Braunschweig, Peine, Hannover als klassische Fundstelle für eine interessante Ammonitenfauna im Apt und Alb der oberen Unterkreide. Eine Vielzahl von Gruben (größtenteils verfüllt oder rekultiviert) zeugen von einer regen Tätigkeit der tonverarbeitenden Industrie. Die großen Aufsammlungen an Unterkreidefossilien ( Berlin, Braunschweig, Hannover ) wurden leider im Zweiten Weltkrieg zerstört, das gilt insbesondere für die umfangreiche Aufsammlung von Prof. Stolley aus Braunschweig, der diese Schichten weltweit bekannt gemacht hat.

Neue umfangreichere Sammlungen liegen nur in Privatkollektionen vor. Die ehemaligen Tongruben Altwarmbüchen bei Hannover und Algermissen waren weit über die Region hinaus bekannte Fundorte im Apt und Alb. Die einzige aktuelle Fundstelle mit reicher Fossilführung bietet die Tongrube Vöhrum. Die Grube liegt südwestlich von Vöhrum in der Feldmark, neben als Angelteichen genutzten Altgruben.

Wichtiger Hinweis:

Die Produktion ist seit 2008 eingestellt; der Fundpunkt ist erloschen.

Stratigraphische und mineralogische Situation

Die neue Grube in Vöhrum zeigt Schichten (fallen flach nach Norden ein ) einer etwa 17 m aufgeschlossenen Abfolge von dunklen Tonsteinen mit etlichen in 1-2 m Intervallen auftretenden sideritisch-phosphoritischen Konkretionslagen im obersten Apt, der jacobi-Zone und untersten Alb, der schrammeni-Zone. Das gesamte Sedimentpaket im Apt/Alb beträgt in dieser Region ca. 600 m, allein das späte Apt und frühe Alb erreichen eine Mächtigkeit von 300 m (Bornemann u. Mutterlose 2000 ). Die dunklen Tonsteine bestehen zu 60-80 % aus Tonmineralen ( Kaolinit, Illit, Smektit ), das Gestein besteht zu 20-30 % aus Karbonat (Calcit/Dolomit), auch Anteile von Feldspäten (Albit, Samnidin, Hämatit, Gips und seltener Pyrit (Bornemann /Mutterlose 1989 ). Eine spezielle Geodenlage ist von Pyritseptarien durchzogen, deren Geoden gesägt ,geschliffen und poliert bei Mineraliensammlern besonders beliebt sind. Große Teile des Kaolits und Illits sind aufgearbeitetes Material der oberkarbonischen Silt- und Tonsteinlage des Hinterlandes.

Wissenschaftliche Bedeutung erhält diese Region einerseits durch die lückenlose Abfolge der Sedimentation im Apt/Alb (in England und Frankreich zeigen entsprechende Gebiete Lücken und Kondensationen , einzig noch die Halbinsel Mangyschlak im Kaspischen Meer zeigt eine ebenfalls lückenlose Abfolge der marinen Sedimentation und lässt damit eine Korrelation zu dieser ca. 4.000 km entfernten Region zu, die deckungsgleiche Verbreitung bestimmter Faunen- gemeinschaften in dieser Evolutionsphase aufweist ), andererseits durch die als dünner Tuffhorizont markierte Grenze zwischen Apt und Alb, wodurch Vöhrum international als Typlakalität für diese Grenzziehung vorgeschlagen wurde.
Gut in dieses Bild passt die Annahme von Brinkmann (1937), der das Maximum der Meeresregression an die Apt/Alb –Grenze stellt! Weltweit sind nur wenige Fundstellen bekannt, die Fossilmaterial mit Perlmuttschicht führen und Vöhrum gehört zu diesen Aufschlüssen. Einschränkend muss jedoch gesagt werden, dass schätzungsweise 90 % der Fossilien in plattgedrücktem oder fragmentarischem Zustand vorliegen ( oft ist die Wohnkammer erhalten, die Innenwindungen "vermülmt", seltener umgekehrt ).

Sammeln führt hier nur zum Erfolg, wenn mit der Spitzhacke fleißig fossilführende Schichten ergraben werden. Neben den typischen Leymeriellen und Hypacanthopliten als häufigste Vertreter der Ammoniten finden sich auch Igel -meist in völlig plattgedrücktem Zustand (1-3mm), zeigen aber mitunter noch ein dünnes, bräunliches Schalenhäutchen und Gastropoden und Muscheln.

Fossilliste

Anthozoa:

Tethocyathus sp.

Bivalven:

Aucellina maxima
Aucellina aptiensis
Pholodomya robberae
Leda sp.

Ammonoidea:

Callizoniceras keilhacki anterior
Callizoniceras keilhacki keilhacki
Hypacanthoplites anglicus (Casey 1950)
Hypacanthoplites bigouretti
Hypacanthoplites clavatus (Fritel 1906)
Hypacanthoplites elegans (Fritel 1906)
Hypacanthoplites jacobi (Collet 1907)
Leymeriella acuticostata (Brinkmann 1937)
Leymeriella schrammeni anterior (Brinkmann 1937)
Leymeriella schrammeni schrammeni (Brinkmann 1937)
Leymeriella tardefurcata (d´Orb.1841)
Parahoplites melchioris
Parahoplites multicostatus

Echinoidea:

Hemiaster phrynus

Ostrakoda, spätes Apt:

Saxocythere clansayensis (Kemper 1982)
Saxocythere fragilis (Kemper 1982)
Protocythere pseudonotigera (Kemper 1975)

Ostrakoda, frühes Alb:

Protocythere vöhrumensis (Kemper 1982)
Saxocythere dividera (Gründel 1964)

Otholiten:

Otholitus pockrandti (Luppold 1976)

Gastropoden:

Buccinum gaultinum (d´Orb.)
Natica gaultina (d´Orb.)
Rapana gracillima (Wllm.)
Scalaria dupiniana (d´Orb.)
Scalaria bornhardti
Pleurotomaria weissermeli (Wllm.)
Pleurotomaria schrammeni
unbest.Gastropode

Sonstige:

Hoploparia sp.
Crinoide
Nautilus subalbensis

Autor: Daniel Säbele
Für weitere Informationen melden Sie sich bitte bei: saebele@t-online.de
Abbildungen:
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Literaturliste:

 
 
 
Ammonoidea: Callizoniceras keilhacki keilhacki
Ammonoidea: Leymeriella schrammeni schrammeni (Brinkmann 1937)
Otholit: Otholitus pockrandti
Crinoide
Nautilus subalbensis